Praxisworkshop: Erfolgreich präsentieren & überzeugend argumentieren

Im Juni fand gemeinsam mit der Dr. Arthur Pfungst-Stiftung der Praxisworkshop „Erfolgreich präsentieren & überzeugend argumentieren“ statt. Ziel war, die teilnehmenden Stipendiatinnen und Stipendiaten im persönlichen Auftreten zu stärken und in die Kunst des Debattierens einzuführen.

Fotocredit: Dr. Arthur Pfungst-Stiftung

 

Der Coach Simon Wolf gab zahlreiche Anregungen für eine souveräne Körpersprache, einen Überblick über Argumentationstechniken und gab den Stipendiatinnen und Stipendiaten in zahlreichen Praxisübungen, bei denen auch gefilmt wurde, direktes Feedback, um zukünftig erfolgreicher präsentieren und sicherer auf kritische Fragen reagieren zu können. Nachdem die Teilnehmenden in die Grundregeln der Debatte eingeführt wurden, ging es ans Debattieren. Zuvor ausgewählte Themen wurden in zwei Teams, Pro und Contra, regelgeleitet diskutiert. So setzten sich die Studierenden beispielsweise mit den Pro- und Contra-Argumenten einer 4-Tage-Woche oder der Einführung eines neuen Bewertungssystems an Schulen auseinander.

 

Simon Wolf im Interview:

1. Herr Wolf, was war Ihnen besonders wichtig, den Stipendiatinnen und Stipendiaten bei Ihrem Seminar zu vermitteln?

Gutes Überzeugen erfordert vor allem drei Dinge: Gute Argumente, gutes Zuhören und die Lust an der intensiven Auseinandersetzung in der Sache. Der dritte Punkt war mir besonders wichtig. Denn ich bin überzeugt, dass wir in der Gesellschaft etwas mehr von einer guten Auseinandersetzung benötigen: Eine faire, stets wertschätzende, aber auch klare Prüfung, wer das beste Argument hat. Also letztlich eine echte Streitkultur.

2. Ein Thema Ihres Workshops war das überzeugende Argumentieren. Wann ist dies erfolgreich?

Entscheidend ist aus meiner Sicht schon mal die Erkenntnis, dass wir an sehr vielen Stellen tatsächlich überzeugen wollen: In persönlichen Gesprächen, im Verein, in einer zivilgesellschaftlichen Initiative, im Beruf und auch in wissenschaftlichen Diskussionen. Überzeugen heißt dann nicht, dass ich über die einzig gültige Wahrheit verfüge und dieser Wahrheit eigentlich nur noch zum Durchbruch verhelfen müsste. Vielmehr bedeutet überzeugende Argumentation dann, dass ich zwar mit voller Überzeugung hinter meiner eigenen Position stehe und diese Überzeugung auch vertreten darf. Trotzdem sollte ich stets für andere Positionen offen bleiben und das überzeugende Argumentieren im besten Sinn als ein Werben um Zustimmung verstehen. Natürlich muss diese Art von Überzeugung auf einem soliden sachlichen Fundament stehen, logisch gültig sein und fair vorgetragen werden.

 

3. Was zeichnet in Ihren Augen eine gute Debatte aus?

Eine richtig gute Debatte erkennt man zum Beispiel an einer klaren Ausgangsfrage und einem eindeutigen Vorschlag, der debattiert wird. Der Vorschlag richtet sich auf eine konkrete Veränderung der aktuellen Situation (status quo). Im Debattieren als Wettkampfsport wird dieser Vorschlag als Antrag bezeichnet, und die Qualität des Antrags ist entscheidend für die Qualität der ganzen Debatte. Hier unterscheidet sich die Debatte auch von einer Diskussion, in der unterschiedliche Teilfragen in einer allgemeineren Art besprochen werden. Die Debatte ist dagegen thematisch enger, aber auch stärker handlungsorientiert als eine Diskussion. Darüber hinaus muss eine Debatte auf prüfbaren Fakten beruhen, darf aber nicht bei der Benennung der Fakten stehenbleiben. Denn diese müssen immer in einen Kontext gestellt und sinnvoll bewertet werden. Natürlich muss es fair und respektvoll zugehen – und ja, eine echte, gute Debatte darf gerne auch lebendig und unterhaltsam sein.

4. Was nimmt man aus einer Debatte optimaler Weise für sich mit?

Persönlich mag ich es am liebsten, wenn ich mit einer kleinen Irritation aus einer Debatte herausgehe. Mit einer neuen Perspektive, mit interessanten neuen Fakten oder mit einer Frage, die ich mir vorher noch nicht gestellt hatte. Wertvoll ist es außerdem, wenn in einer Debatte deutlich wird, dass es auf der Pro- und auf der Contra-Seite um echte Probleme geht, dass also auf beiden Seiten der Debatte reale Menschen sich mit realen Herausforderungen auseinandersetzen müssen.

5. Was war Ihre spannendste oder lehrreichste Debatte bisher?

In meinem Studium hatte ich die Gelegenheit, den Tübinger Debattierclub Streitkultur e.V. mitzugründen und dort sehr viele lange Debattenabende zu genießen. Es ist gar nicht so einfach, daraus eine einzelne Debatte auszuwählen. Wenn ich aber eine einzige sehr gute und lehrreiche Debatte nennen sollte, dann denke ich sehr gerne an die Finaldebatte einer Deutschen Meisterschaft zurück. Dort wurde debattiert, ob unter bestimmten Bedingungen eine (Presse-)Zensur wieder eingeführt werden sollte. Einerseits bin ich überaus glücklich, dass das Publikum auch am Ende dieser sehr guten Debatte immer noch gegen die Wiedereinführung der Zensur gestimmt hat. Andererseits war es sehr wertvoll, sich die Gründe für diese vermeintliche Selbstverständlichkeit nochmals bewusst zu machen und wirklich die Werte abzuwägen, die im Hintergrund der Entscheidung stehen. Davon brauchen wir noch viel mehr in unseren vielen gesellschaftlichen Debatten.

Fotocredit: Dr. Arthur Pfungst-Stiftung